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Foto: sommart/adobestock.com

Experten-Gespräch

Immobilienmarkt Rhein-Main im Fokus

Die (Darlehens-)Zinsen steigen, Baukosten explodieren, Material ist knapp und Fachleute zu bekommen, stellt eine große Herausforderung dar. Befindet sich der Immobilienmarkt nach dem Flug in schwindelerregende Höhen jetzt im Sturzflug? „Der Markt wird sich eher relativieren“, formuliert es Oliver Schwank, Geschäftsführer der Naspa Immobilien GmbH. In unserem jährlichen Experten-Gespräch werfen wir einen Blick auf das aktuelle Geschehen auf dem regionalen Immobilienmarkt. So viel vorab: Nur die Ruhe bewahren!

Herr Schwank, in den letzten Jahren beobachteten wir einen sehr bewegten Immobilienmarkt. Mit Beginn der Corona-Pandemie hatten wir eine kurze „Schockstarre“, wie Sie es nannten. Dann, kein halbes Jahr später, schossen die Preise in schwindelerregende Höhen. Hier in der Rhein-Main-Region bezahlten Käufer bis zu 20 Prozent mehr für ihre Traumimmobilie als im Jahr davor. Wie ist Ihr aktueller Blick aus der Vogelperspektive ganz allgemein?

Wir sehen, dass in vielen Städten Verkäufe und Nachfrage stagnieren. Auf der einen Seite setzen einige Immobilienverkäufer die Preise zu hoch an, weil sie jetzt unbedingt verkaufen möchten, um vielleicht noch etwas von dem Boom der letzten Jahre mitzunehmen. Auf der anderen Seite sind die Käufer eher verhalten wegen der Zinsentwicklung, der gestiegenen Teuerungsrate et cetera. In der Folge müssten diejenigen, die jetzt verkaufen möchten, bereit sein, den Preis so anzupassen, dass ein Interesse auf der Käuferseite erzeugt wird.

Der Boom der letzten Jahre hat sich demnach abgekühlt. Was, vermuten Sie, ist der Hauptauslöser?

Das sind vor allem die gestiegenen Zinsen. In den vergangenen Monaten haben sich die Darlehenszinsen im Bereich zehnjähriger Zinsfestschreibungen etwa verdreifacht. Im Prinzip ist das Problem ein gewachsenes: Über zehn Jahre lang wurde sehr viel Liquidität in den Markt gepumpt. Die gestiegene Inflation hat die Europäische Zentralbank unter Druck gesetzt, sich von der lockeren Geldpolitik beziehungsweise Niedrigzinspolitik zu verabschieden. Mitte Juli hat die EZB den Leitzins nach 11 Jahren erstmals wieder erhöht. Im September folgte der nächste Zinsschritt auf 1,25 Prozent.

Sie sahen die Lage im letzten Jahr schon skeptisch und sagten, dass viele Käufer wahrscheinlich zurückhaltender wären, wenn die Zinsen für Immobilienfinanzierungen steigen würden. Jetzt haben wir eine Zinswende. Welche Auswirkungen hat dies auf den Immobilienmarkt?

Ich bin ein Freund von soliden Finanzierungen. Mit Käufern gehe ich deshalb immer folgendes Szenario durch und frage: Können Sie sich die Immobilie mit all ihren Nebenkosten sowie die Zins- und Tilgungsleistungen der Baufinanzierung auch noch problemlos leisten, wenn die Darlehenszinsen steigen sollten? Lautet die Antwort „Ja“, dann steht einem Kauf (neben der soliden geplanten Immobilienfinanzierung) kaum noch etwas im Weg. Bestehen Unsicherheiten, sollte man lieber nochmals tiefer in die Berechnungen und die eigenen Vorstellungen zur Immobilie einsteigen und das Vorhaben überdenken. Selbstverständlich stehen Interessenten unsere Private Banking-Berater und -Beraterinnen bei Fragen rund um ihre Baufinanzierungen als kompetenter Finanzpartner zur Seite. Dennoch: Das Problem ist, dass einige Menschen sich oftmals von der Gier leiten lassen. Es ist über viele Jahre nur nach vorne gegangen, nur nach oben gegangen, immer besser gelaufen zwischen 2008 und 2022. Wir haben erlebt, dass Kunden für ihre Traumlage, für ihr Traumhaus – gerade hier in der Rhein-Main-Region –, mehr ausgaben, als sie es ursprünglich geplant hatten. Bezogen auf die niedrigen Darlehenszinsen der letzten Jahre, liegen die Risiken der aktuellen Zinswende bei einer Anschlussfinanzierung, die möglicherweise in den nächsten Jahren ansteht, nahezu auf der Hand. Aber: Der Markt wird nicht komplett einbrechen. Ich sage, der Markt wird sich in den nächsten Jahren relativieren und erlebt eine Art Reset.

Haben Sie einen persönlichen Tipp, wie man das Zinsrisiko einer Anschlussfinanzierung gegebenenfalls minimieren kann?

Sprechen Sie auf jeden Fall rechtzeitig mit Ihrem Private Banking-Berater beziehungsweise Ihrer -Beraterin und fragen Sie nach einem Forward-Darlehen und/oder einem Bausparvertrag.

Lesetipps: Forward-Darlehen & Bausparen – Angestaubt? Hochaktuell!

Zinswende versus Inflation im Rhein-Main-Gebiet. Wie ist die aktuelle Preisentwicklung? Und: Ist die Immobilie als Kapitalanlage noch interessant?

Wir könnten viel über das Thema Preis reden – nach meiner Einschätzung sind wir am oberen Ende angekommen. Ein Preisverfall als solcher ist aber noch nicht zu sehen. Die Preisdynamik hat sich in den letzten Monaten abgeschwächt. Das wird sich auch noch einen Moment lang so halten, zumindest hier in der Rhein-Main-Region, also Frankfurt, Wiesbaden inklusive der Speckgürtel. Wir befinden uns im Abwarte- und Reset-Modus. Mit der ehrlichen Aussage: Wohin wir uns entwickeln, können wir jetzt noch nicht absehen. Klar ist, dass das letzte Jahr eines der umsatzstärksten Immobilien-Jahre überhaupt war, inklusive des ersten Quartals 2022.

Die Käufer sind zwar zurückhaltender, doch sagen auch einige: „Bevor die Inflation unser Vermögen entwertet, erweitern wir unser Portfolio um (weitere) Immobilien.“ Also: Im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtvermögensallokation können Immobilien nach wie vor eine interessante Assetklasse sein, ob als Kapitalanlage oder ergänzend als Aufstockung oder Absicherung zur Altersvorsorge.

Wäre jetzt – wo sich der Markt in einer Art Warteposition befindet – nicht der ideale Zeitpunkt für eine Bestandsaufnahme für notwendige Modernisierungsmaßnahmen an der bestehenden Immobilie? Gerade im Hinblick auf einen drohenden möglichen Werteverlust – auch in Verbindung mit neuen Klimaschutz-Auflagen und möglichen Förderungen?

Definitiv! Investitionen wie energetische Maßnahmen oder beispielsweise die Modernisierung der Heizungsanlage können staatlich gefördert werden. Das kann den Wert der Immobilie erhöhen oder zumindest – in Anbetracht der aktuellen Situation mit Inflation, gestiegenen Energiekosten et cetera – nicht mindern. Außerdem können die Ausgaben für Modernisierungsmaßnahmen zum Erhalt des Gebäudezustands unter gewissen Umständen steuerlich geltend gemacht werden. Dabei gelten für Vermieter und Selbstnutzer unterschiedliche Regelungen. Und nicht zu vergessen: Gerade bei den langen Wartezeiten im Hinblick auf Material und Handwerker beziehungsweise Fachleute kann es sinnvoll sein, vorausschauend zu planen. Investitionen in Modernisierung, Instandhaltung oder Energieberatung – das lohnt immer!

Also können wir zum Abschluss festhalten: Der Immobilienmarkt befindet sich in einer Art Reset-Modus. Die Preissteigerungen verlangsamen sich und es könnte gut sein, dass sich die Preise in den nächsten Jahren auf ein „normales“ Niveau einpendeln. Als Kapitalanlage bleiben Immobilien interessant.

So ist es. Deshalb sollte sich auch niemand aus der Ruhe bringen lassen. Bei einer stabilen Finanzierung spricht nichts gegen den Kauf einer Immobilie. Unsere Kunden können sich auch weiterhin auf unsere solide, fachlich fundierte, vertrauensvolle Beratung auf Augenhöhe verlassen. Wir sind und bleiben für unsere Kunden Problemlöser oder Sparringspartner, immer mit einem offenen Ohr, gerade in solchen bewegten Zeiten, wie wir sie aktuell erleben. Wie ich es sehe, ist es genau das, was unsere Kunden schätzen ... und gerade jetzt brauchen.

Anmerkung der Redaktion: Die aufgeführten Meinungen und Aussagen entsprechen den Gegebenheiten und der Erfahrung zum Zeitpunkt des Interviews und können sich jederzeit ohne Ankündigung ändern. Die vorstehenden Angaben und die Darstellungen ersetzen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung. Die Informationen stellen weder ein Angebot noch eine direkte oder indirekte Empfehlung für den Erwerb oder die Veräußerung von Immobilien dar. Sie dienen ausschließlich Ihrer Information. Bei Bedarf setzen Sie sich deshalb bitte mit Ihrem zuständigen Berater oder Ihrer Beraterin in Verbindung.

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12.09.2022